Schritt 3: Neurosenstruktur

Unter Neurosenstruktur werden im klassischen Sinne die auf die Persönlichkeit bzw. auf den Charakter »abgefärbten« Verarbeitungsmuster verstanden, die darauf abzielen, konfliktbedingte Einschränkungen und Erlebnisse auszugleichen.1


Ganz allgemein kann man die Neurosenstruktur auch beschreiben als eine Anpassungsleistung, um den Grundkonflikt nicht bewusst werden zu lassen. In unserem Beispiel also den Grundkonflikt der Identität. Die Neurosenstruktur des Instruments gleicht das (grund-)konfliktbedingte Erleben aus, also den Mangel an Identität als inspirierende und wohlklingende Gitarre, die zum Spielen einlädt. In dieser Weise zeigt die Neurosenstruktur ihre positive Seite, indem sie den ungelösten Grundkonflikt reguliert. Die negative Seite - die später noch deutlich wird - ist die Störungsdisposition.

Die Neurosenstruktur ist keine Persönlichkeitsstörung, sondern eine Überlebensstrategie, die den Alltag färbt - vor dem Hintergrund der unerfüllten Wünsche des Grundkonflikts.

Neurosenstruktur: Unkaputtbar

Unkaputtbar ist nicht Teil der Liste von Neurosenstrukturen, die üblicherweise genannt werden, wie z.B. depressiv, schizoid, passiv-aggressiv oder emotional-instabil. Von der Funktion der Neurosenstruktur her gedacht, passt unkaputtbar jedoch sehr gut in die Psychodynamik meiner Gitarre.

Die Verleimung der Gitarrendecke mit den Zargen ist extrem stark und die Celluloid Gitarrenbindung (binding) an dieser Stelle sitzt unerschütterlich fest. Das Klangholz der Decke beweist hier nicht seinen schönen Klang, sondern dass es das Instrument zusammenhält. Der starke, bauchige Boden unterstützt diesen Eindruck.

Im Bericht klingt das dann so:

Um die mangelnde Identität der Gitarre als zartes, schwingendes, wohlklingendes Instrument auszugleichen, bildete die Gitarre eine unkaputtbare Neurosenstruktur, die sich in ihrer kompakten, starren Bauweise ausdrückt, die sie nahezu unzerstörbar macht.


  1. Jungclaussen (2018: 182)↩︎