Schritt 7: Die Symptombildung

Als Antwort auf die innerseelische Konfliktverarbeitung reagiert der psychische Apparat mit der Bildung des neurotischen Symptoms. Der psychoanalytischen Vorstellung zufolge hat das neurotische Symptom einen Sinn, indem es auf den Konflikt verweist bzw. diesen symbolisiert. 1


Das eigentliche Symptom haben wir im letzten Schritt schon beschrieben: Die Gitarre zieht sich zurück und nistet sich in ihrer Depression ein. Ich möchte an dieser Stelle auf die Anmerkung aus Schritt 4 (Kompensation) anschließen: “Die Gitarre war so sehr im Leben von H.M., dass sie in den gleichen Räumen lebte, in der gleichen wohltemperierten Behaglichkeit.”

Der Rückzug bedeutet also nicht nur Kontaktvermeidung, sondern auch ein anderes Umfeld als es die Gitarre während ihrer Zeit mit H.M. genossen hatte. Und damit kommen wir nämlich auf die dramatischen Risse zurück, die diese ganze Formulierung der Psychodynamik ins Rollen gebracht haben.

Und das liest sich dann so:

Neurotische und Psychosomatische Symptome

Die Depression der Gitarre stabilisiert das aus dem neurotischen Gleichgewicht geratende System. Die Angst vor Kontakt (und der damit verbundenen antizipierten Enttäuschung) aufgrund mangelnden Selbstwertes und fehlender Identität wird vermieden, indem der (durch die Depression legitimierte) Rückzug die Angst abwehrt. Der ins Bewusstsein drängende Wunsch nach Identität in einer symbiotischen Partnerschaft wird so durch die Depression wieder unbewusst gemacht.

Zusätzlich zeigen sich psychosomatische Symptome, die in der “unkaputtbaren” Neurosenstruktur angelegt sind. Die trockene Luft und unangemessene Wärme, der sich die Gitarre in ihrem Rückzug ausgesetzt hat, haben die Rigidität des “Arbeitstiers” über die Maßen strapaziert. Es kommt in Folge zu dramatischen Rissen in der Decke. Durch die resultierende Arbeitsunfähigkeit verbaut sich die Gitarre auch den Weg aus der Depression, indem sie keinen neuen Partner finden kann.


  1. Jungclaussen (2018: 209)↩︎